

Ein häufig unterschätzter Aspekt des Ölmanagements ist die Erstbefüllung der Hydraulikanlage. Voortmann betont, dass bereits hier der Grundstein für eine optimale Ölqualität gelegt wird. Das frisch gelieferte Hydrauliköl muss unbedingt vor dem Einfüllen in den Tank mithilfe einer Filterpumpe von Verunreinigungen befreit werden. Der direkte Eintrag von ungefiltertem Öl, selbst wenn es neu ist, birgt die Gefahr von Kontaminationen, die spätere Probleme verursachen können.
Die Einhaltung der vom Hersteller spezifizierten Ölreinheitsklassen gemäß ISO 4406 oder NAS 1638 ist unabdingbar. Moderne Hydraulikkomponenten, insbesondere Proportional- und Servoventile sowie Axialkolbenpumpen, werden mit engsten Toleranzen gefertigt und reagieren extrem empfindlich auf Partikelverunreinigungen. Schon eine Verschlechterung der Ölreinheitsklasse um eine einzige Stufe bedeutet eine Verdoppelung der Partikelkonzentration im Öl. Dies kann zu erhöhtem Verschleiß, Fehlfunktionen, verminderter Regelgüte und schließlich zum Komponentenausfall und damit verbundenen Anlagenstillständen führen. Selbst geringer Materialabrieb innerhalb der Komponenten kann bei unzureichender Ölreinheit die Lebensdauer signifikant reduzieren.
Servicetechniker bei der Ölanalyse (Bildquelle: VOORTMANN GmbH & Co. KG)
Bei Retrofit-Maßnahmen, dem Austausch von Komponenten oder der Modernisierung von Hydraulikanlagen ist eine Neubewertung des Ölmanagements unerlässlich. Die Reinheitsklassenempfehlungen der Hersteller sind abhängig von verschiedenen Faktoren wie Öldruck, Filterfeinheit und Pumpenbauart. Ändert sich einer dieser Parameter, muss auch die angestrebte Ölreinheit angepasst werden. So kann beispielsweise bei einer Axialkolbenpumpe die empfohlene Mindest-Zielreinheitsklasse von 19/17/17 bei einem Druck bis 140 bar auf 16/14/11 bei über 200 bar steigen. Voortmann empfiehlt daher, bei solchen Anpassungen unbedingt Expertenwissen hinzuzuziehen, um die optimale Ölreinheit und den langfristigen, störungsfreien Betrieb der Anlage zu gewährleisten.
Neben Verschleißpartikeln gibt es weitere Faktoren, die die Qualität des Hydrauliköls negativ beeinflussen. Zu hohe Temperaturen beschleunigen die Ölalterung und können die Additivpakete im Öl zersetzen. Wassereinträge, sei es durch Kondensation aus der Umgebungsluft oder durch Reinigungsarbeiten im Anlagenbereich, sind ebenfalls kritisch. Hierbei ist die Unterscheidung zwischen Wassersättigung (angegeben in Prozent) und Wassergehalt (gemessen in ppm – parts per million) wichtig. Hydrauliköl kann bis zu einem gewissen Grad Wasser lösen, ohne dass die Funktionalität beeinträchtigt wird. Freies Wasser hingegen, das sich nicht mehr im Öl löst, ist schädlich und muss unbedingt entfernt werden. Mangelnde Wartung, verzögerte Filterwechsel und die natürliche Alterung des Öls tragen ebenfalls zur Qualitätsminderung bei.
Bosch Rexroth unterstützt Anwender mit den CytroConnect Solutions bei der Optimierung ihres Ölmanagements und der vorausschauenden Wartung ihrer Hydraulikanlagen. CytroConnect Monitor bietet Echtzeit-Visualisierung von Komponenten- und Betriebszuständen. CytroConnect Maintain analysiert historische Daten und benachrichtigt den Anwender automatisch bei Abweichungen von den Sollwerten. CytroConnect Predict nutzt selbstlernende Algorithmen, um Anomalien frühzeitig zu erkennen und präventive Wartungsmaßnahmen einzuleiten.
Kürzlich hatten wir Alexander Mijnals, Servicespezialist bei VOORTMANN, zu Gast in unserer Podcast Serie „Industrie neu gedacht“. In dieser spannenden Folge berichtet der erfahrene Fluidspezialist von den täglichen Herausforderungen und klassischen Fehlerquellen im Umgang mit Hydraulikölen in Industrieanlagen. Hören Sie rein und erfahren Sie warum „Da kann man durchsehen – dat is noch gut“ kein Ersatz für professionelles Fluidmanagement ist.
Autor: Alexander Mijnals, Servicespezialist bei VOORTMANN GmbH & Co. KG
Telefon: +49(2835)9233-622
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